Januar



Dem Unbekannten

Es war im September 1864, als ein schmächtiger junger Mann       sich von seinen Lehrern und Mitschülern verabschiedete und nach einer erfolgreichen Schulzeit Schulpforta verließ.
Sein letzter Gang führte ihn, den Sohn einer Pastorenfamilie, den man als Kind den
‚Kleinen Pastor’ nannte, noch einmal in die Klosterkirche.

Er stellte sich an einen Stützpfeiler der Vierung und starrte auf     den schmucklosen Altar. Statt die vertrauten Gebete zu sprechen, flossen ihm die nachfolgenden Verse über die Lippen:

„Noch einmal, eh’ ich weiter ziehe
und meine Blicke vorwärts sende,
heb’ ich vereinsamt meine Hände
zu dir empor, zu dem ich fliehe,
dem ich in tiefster Herzenstiefe
Altäre feierlich geweiht,
dass allezeit
mich deine Stimme wieder riefe.

Darauf erglüht tief eingeschrieben
das Wort: dem unbekannten Gotte.
Sein bin ich, ob ich in der Frevler Rotte
auch bis zur Stunde bin geblieben:
sein bin ich – und ich fühl’die Schlingen,
die mich im Kampf darniederziehn
und, mag ich fliehn,
mich doch zu seinem Dienste zwingen.

Ich will dich kennen, Unbekannter,
du tief in meine Seele Greifender,
mein Leben wie ein Sturm Durchschweifender,
du Unfaßbarer, mir Verwandter!
Ich will dich kennen, selbst dir dienen.“

Der junge Mann geht nach Bonn, studiert Theologie und Philologie. Doch sein Schwerpunkt liegt in der Philosophie. Schon in jungen Jahren wird er in Basel Professor.
Er verfasst zahlreiche philosophische Schriften und tiefsinnige Gedichte.
Doch seine Zeit ist begrenzt.
Ständige Krankheiten und das ewige Gefühl der Einsamkeit  zerstören seinen brillanten Geist und seinen Körper.

Am 24. August 1900 stirbt Friedrich Nietzsche.


Februar 





Das verschwiegene Säulenportal


Als im November 1540 die letzten Mönche mit ihrem Abt das    Kloster verließen, hinterließen sie eine gut erhaltene Anlage, in der sich die romanischen Bauten in harmonischer Weise mit den gotischen Neuerungen vermischten.

Sie waren immer ihrer zisterziensischen Lebensweise und der schlichten Klosterarchitektur treu geblieben und hatten auf eine prunkvolle Barockisierung ihrer Bauten verzichtet.

Nachdem aus dem ehemaligen Kloster eine Schule wurde, musste  die Anlage erweitert werden. Im Laufe der Jahrhunderte entstanden neue Bauten, die sich den romanischen und gotischen Gebäuden  gut anpassten, welche das Gesamtbild dieser
bedeutenden Kulturstätte im Saaletal prägten.

Der Besucher erfreut sich heute an der Klosterkirche, der Abtskapelle, dem markanten Torhaus und dem neugotischen Aulagebäude.

Pforta hat aber auch weniger auffällige Kostbarkeiten. Dazu zählt   das östliche Portal des Fürstenhauses, das zur Abtskapelle und den Anbauten führt.

Auch diese Pforte hat ihre Geschichte.
Sie stand ursprünglich innerhalb der Klausur an der Ostwand des Kreuzganges neben dem Kapitelsaal. Als das Siechenhaus aufgehoben wurde,
versetzte man den Durchgang 1883 an die heutige Stelle.

Das Bogenfeld über dem Türsturz besteht aus einem Relief, in dessen Mitte ein Kreuz mit einer mandelförmigen Glorie heute noch gut erkennbar ist, ganz im Gegensatz zu den Figuren rechts und links.

Während die Abtskapelle und das Säulenportal mit dem   romanischen Tympanon und der Mandorla etwa um 1200  entstanden sind, stammt das Fürstenhaus von 1573.
Dennoch bilden sie ein harmonisches Ensemble.


März





Die Steinplatten vom Kreuzgang


Schon viele Male habe ich den Kreuzgang fotografiert und dabei  stets darauf geachtet, das Besondere der einzelnen   Kreuzgangflügel mit der Kamera einzufangen.
Wie wir wissen, ist Pfortas Kreuzgang entgegen zisterziensischen Baugepflogenheiten nicht genau quadratisch angelegt – auch unterscheiden sich die einzelnen Flügel deutlich voneinander.

Der Ostflügel, der eine besondere Bedeutung für die Mönche     hatte, wurde im Laufe der Jahrhunderte wiederholt umgebaut. Er unterscheidet sich am deutlichsten von den anderen. Vermutlich   aus bautechnischen Gründen wurde die ursprüngliche    Arkadenflucht durch eine Bogenreihe und das Kreuzgratgewölbe durch eine Flachdecke ersetzt,
welche die gesamte Gangbreite überspannt.

Der südliche Kreuzgangflügel, der sogenannte Lesegang, ist als einziger zweischiffig und wirkt auf Bildern, die mit einem Weitwinkelobjektiv gemacht wurden, geradezu hallenartig. Ins    Auge stechen die kunstvoll gestalteten Stützsäulen des    Mittelganges und die beiden Wasserbecken für sakrale Handlungen.

Am ursprünglichsten erscheint der Westflügel mit seinen sechs geschmückten Arkaden und dem markanten Hauptpfeiler an der  Ecke zum nördlichen Trakt. Dessen Ornamentierung ist auffallend und untypisch für die Schlichtheit der zisterziensischen Bauweise – aber ein dankbares Motiv für Fotografen.

Der Nordflügel hat sich trotz der verschiedenen Baumaßnahmen      in der Vergangenheit
seinen romanischen Charakter erhalten.
Da er an den Speisesaal grenzt und den Durchgang zu den   hinteren Bauten bildet, hatte er schon zu Klosterzeiten eine besondere Funktion. Er war ursprünglich, wie auch die anderen Flügel, nur überdacht. Wann er eingewölbt wurde, lässt sich nicht genau sagen.
1573 mussten die Gewölbe in diesem Flügel erneuert werden.       Aus dieser Zeit stammen vermutlich die Farb- und Zeichnungsreste an der Decke.

Bei günstigen abendlichen Lichtverhältnissen entstand diese Aufnahme, welche das farbig scheinende Deckengewölbe und die schlichten Bodensteine harmonisch in Einklang setzt.

Wie wir wissen, fanden auch im Kloster Pforta Äbte und vermutlich auch einfache Mönche ihre letzte Ruhe im Kreuzgang. Wir sollten   uns dessen bewusst sein,
wenn wir heute über die ausgetretenen Steinplatten gehen,
die im Laufe der Jahrhunderte eine eigene Patina entwickelt haben.









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                          Kalender 2009